Privatsphäre und Unabhängigkeit des Denkens im 21. Jahrhundert
Hier bei Punkt. ging es uns von Anfang an darum, gute Technologie zu präsentieren, die man gerne besitzt. Produkte, die dafür entwickelt wurden, eine einzelne Aufgabe gut zu erfüllen. Geräte, die ihren Besitzern dienen, nicht umgekehrt. In den letzten Jahren haben sich endlich immer mehr Bedenken im Hinblick auf Mediensucht und permanente Ablenkung durchgesetzt. Momentan verlagert sich der allgemeine Fokus auf die Privatsphäre – oder, um den passenderen Begriff zu verwenden, auf den Datenschutz.
Aber ist Privatsphäre eigentlich wichtig? Die Antwort hängt davon ab, wie menschlich wir bleiben wollen. Die Tatsache, dass Info-Broker alles über uns wissen, heißt so viel mehr, als dass wir gelegentlich etwas kaufen, das wir nicht wirklich brauchen. Vor einigen Jahren hat man sich noch wenig Gedanken darüber gemacht, was sie eigentlich bewirken können. Der Standardtenor war:
Aber allmählich hat sich aus einem anfänglich intuitiven Gefühl des Unbehagens die evidenzbasierte Erkenntnis entwickelt, dass wir jemand anderem gehören.
Die meisten Menschen sind sich heute darüber im Klaren, dass die Sache mit dem Datenschutz a) „irgendwie unheimlich“ und b) „schwer zu kontrollieren“ ist. In den kommenden Monaten werden wir diesen beiden Themen einen neuen Abschnitt hier auf dieser Website widmen. Wir werden uns eingehender mit den Auswirkungen befassen, die Info-Broker auf uns alle haben, und wie wir es schaffen können, bei diesem Einlullungsprojekt unsere persönliche und soziale Autonomie zu bewahren.
Info-Broker (auch bekannt als Social-Media-Unternehmen, Suchmaschinen usw.) gibt es deshalb, damit jeder Nutzer (d. h. Kunde), der über die notwendigen Mittel verfügt, die Köpfe der Menschen von innen heraus justieren kann. Nimmt man diesen Prozess weg und setzt keinen neuen Grund für die Existenz von Info-Brokern an dessen Stelle (z. B. durch Gebühren von den Personen, die aktuell das Produkt sind), sie würden über Nacht verschwinden. Es stimmt zwar, dass es Menschen geben mag, denen die Interaktion mit Info-Brokern tatsächlich einen Nutzen bringt (solange wir die Möglichkeit sozialer Unruhen, eines Cyber- oder konventionellen Kriegs, wirtschaftlichen Zusammenbruchs, einer Normalisierung des Wahnsinns usw. hier nicht mit einkalkulieren) – aber das ist sicherlich nicht der Grund, warum ihr Geschäftsmodell funktioniert.
Selbst im Zeitalter des Postfaktischen bleibt der Satz „Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen habe ich gelesen und verstanden“ die größte Lüge im Netz. Haben Sie Lust, die AGBs von allem zu lesen, was Sie unterschreiben? Dafür müssten Sie sich ein paar Wochen freinehmen. In den ersten Jahren der Informationsexplosion konnte Mark Zuckerberg diejenigen, die ihre persönlichen Daten freiwillig herausgegeben hatten, leicht noch als dumb fucks (1) abtun – schließlich gab es noch keinen Zustimmungsdruck. Wer die Autonomie seiner Identität heute bewahren will, braucht eine aktivistische Einstellung und muss Ungewünschtes aktiv ablehnen. Der Gegendruck ist enorm.
Klare Kante zeigen
Der erste Schritt in diese Richtung ist die genaue Abwägung, inwieweit unser Leben auf unsichtbare Power-Technologie bauen soll – wohlwissend, dass scheinbare Bequemlichkeit immer auch versteckte Konsequenzen hat. Das bedeutet Dinge wie: Bildschirmzeit reduzieren, Nutzung sozialer Medien einschränken, einen Wecker kaufen, der nur Wecker ist, mit Menschen Gespräche führen usw.
Zweitens müssen wir uns wirklich alle mit diesen Privatsphäre-Einstellungen und anderen Aspekten des Datenschutzes auseinandersetzen. Ist jetzt nicht wahnsinnig spannend, muss aber gemacht werden. Hier bei Punkt. bauen wir gerade ein Team von freiwilligen Fachleuten im Bereich Online-Sicherheit auf und werden in den kommenden Wochen einen Leitfaden dazu erarbeiten, wie man sich gesunde digitale Grenzen setzt. (Weitere Mitwirkende sind sehr willkommen.)
Drittens müssen wir uns mit diesen Fragen nicht nur individuell auseinandersetzen, sondern auch gemeinsam daran arbeiten. Teils auf gesamtgesellschaftlicher Ebene, z. B. durch Lobbyarbeit bei unseren politischen Vertretern, aber auch auf lokaler Ebene – indem wir Cafés, Bars und andere Orte frequentieren, an denen Smartphones verboten sind (oder den Einrichtungen vorschlagen, dies zu tun), indem wir Freunde, die alles, was ihnen begegnet, reflexartig fotografieren, darauf anstupsen usw. Das ist der Aktionskampagne gegen den Klimawandel ziemlich ähnlich (nicht zuletzt, weil die CO2-Gesamtbilanz von Computern/Smartphones so hoch ist wie die CO2-Gesamtbilanz des von der Luftfahrt verbrauchten Treibstoffs).
Last but not least würden wir hier bei Punkt. gerne von Ihnen wissen, wie wir uns bei all dem machen. Um in der Wirtschaftswelt weiterhin effektiv zu sein, müssen wir eine ausgewogene Balance finden, um herauszufinden, wie Menschen unsere Website nutzen. Als unabhängiges Unternehmen haben wir jedoch keine firmeninternen Datenspezialisten und waren in der Vergangenheit auf externe Anbieter angewiesen. Wir sind sehr an Ihrem Feedback dazu interessiert. Bitte senden Sie uns eine E-Mail an hypocrisy@punkt.ch , wenn Sie Kommentare oder Vorschläge haben.
Fußnoten